Dr. Evke Rulffes erzeugte Problembewusstsein bei den Anwesenden
Die eigens aus Berlin angereiste Kulturwissenschaftlerin Dr. Evke Rulffes lockte über 30 Interessierte ins KönzgenHaus zur Lesung und Diskussion ihres Buches "Die Erfindung der Hausfrau – Geschichte einer Entwertung". Eine ihrer pointierten Aussagen: "Das Idealbild der Hausfrau und Mutter ist auch heute noch in Medien und Werbung präsent, erweist sich aber in seiner Idealisierung als die fieseste Form der Diskriminierung."
Die Buchautorin beleuchtete die politischen Rahmenbedingungen, Entscheidungen und gesellschaftlichen Normen, die zur Entstehung des Idealbildes der Hausfrau und Mutter beigetragen haben und wie sich diese bis heute auswirken. Dazu spannte sie einen weiten Bogen von der geschichtlichen Entwicklung und Prägung der Geschlechterrolle vom Mittelalter über die Jahrhunderte und vom Bürgertum bis heute: „Lange Zeit durften die Ehefrauen als Anhängsel des Mannes keine Lohnarbeit leisten und hatten eine dienende Funktion für den Mann, denn dies war laut wissenschaftlicher Begründung ihre natürliche Bestimmung“, recherchierte die Autorin.
„Als den Frauen erstmals der Bildungszugang an den Universitäten eröffnet wurde, mussten sie diese damals durch den Hintereingang betreten“, erinnerte Evke Rulffes. „Noch bis in die 1970-er Jahre bedurften von Gesetzes wegen Arbeitsverträge der Frauen der Zustimmung des Ehemannes, die es ihm ermöglichten, seine Ehefrau komplett zu entmündigen; zuvor waren die Frauen per BGB gesetzlich verpflichtet, sich ohne Entscheidungsgewalt um Heim und Kinder zu kümmern.“ Für ärmere Familien sei ohne Ausbeutung der Frau kein familiäres Überleben möglich gewesen.
„Geschlechterrolle bis heute in Köpfen verankert“
Wie wenig auch heute noch die belastende Doppelrolle der Mütter in Beruf, Haushalt und Familie wertgeschätzt wird, kam auch in der anschließenden Diskussion zum Vorschein, wo an eigene Erfahrungen angeknüpft wurde. Es wurde diskutiert, wie tief stellenweise die Vorstellungen von Geschlechterrollen in der Gesellschaft verankert sind und wie dazu beigetragen werden kann, diese patriarchalischen Normen zu hinterfragen und zu verändern. „Jeder Einzelne kann dazu beitragen, die Gleichstellung von Frauen und Männern voranzutreiben“, betonte Evke Rulffes. Vor allem sollten junge Mädchen zu einer Ausbildung angehalten werden.
Die Veranstalter von KönzgenHaus, DGB, KAB, Halterner Forum und Verein VITUS erstrebten mit diesem Thema im Rahmen ihrer Veranstaltungsreihe „Würdige Arbeit“ eine größere Wertschätzung für die bislang unbezahlte Familientätigkeit der Frauen in einer gleichberechtigten Partnerschaft . „Die unbezahlte Hausarbeit und Kinderbetreuung mit Berufsunterbrechung führe geradewegs i n die Altersarmut“, beklagte Diskussionsleiter Bernhard Damm vom Halterner Forum. Norbert Jansen als Geschäftsführer der Bildungsstätte KönzgenHaus betonte eingangs, dass bereits seit 1959 Familienbildung mit sozialpolitischer Ausrichtung ein Schwerpunkt in der Bildungsstätte sei.