UN-Kinderrechtskonvention und Kinderschutzkonzepte
Die Überschrift von Modul 5 der insgesamt 160 Stunden umfassenden Qualifizierungsmaßnahme las sich für einige der insgesamt 15 Teilnehmer*innen erstmal ziemlich trocken. Als Juristin Ruth Hochgürtel als Fachreferentin deutlich machte, in wie vielen Situationen im ganz normalen Kindergarten-Alltag diese aber tatsächlich eine Rolle spielen, war das für fast alle eine Überraschung. 1989 hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen das „Übereinkommen über die Rechte des Kindes“ verabschiedet. Es ist ein komplexes Gebilde von völkerrechtlichen Standards, die allen Kindern weltweit ein gesichertes und gelingendes Aufwachsen ermöglichen soll.
Verteidigen, fordern und fördern
„Ob Schutzrechte, Förderungsrechte oder Beteiligungsrechte – oft ist uns im Alltag gar nicht bewusst, wie wir diese Rechte anwenden und auch schützen müssen. Dabei tragen sozialpädagogische Fachkräfte eine besondere Verantwortung, die geltenden Standards in den Kita-Alltag zu integrieren“, erklärt Seminarleiterin Birgit Laubrock. „Als Erzieherin bin ich gewissermaßen Anwältin des Kindes: Meine Aufgabe ist es, das Kind und seine Rechte zu verteidigen – und eben auch Rechte einzufordern. Ich muss etwas für meine kleinen Mandanten tun – besonders für die, die selbst (noch) keine eigene Stimme haben.“
Beteiligungsrechte und Demokratisierung
Das fängt zum Beispiel schon bei der täglichen Spielrunde an – bei der Frage, inwiefern der Wille der Kinder eine Rolle spielt und berücksichtigt wird. Da, wo es möglich ist, sollten Kinder mitentscheiden dürfen und beteiligt werden – natürlich immer altersentsprechend aufbereitet. Was bedeutet es, eine eigene Meinung zu haben und sie zu vertreten? Warum ist es wichtig, anderen zuzuhören? Und wie gehe ich damit um, wenn bei einer Abstimmung mein Wunsch nicht berücksichtigt wird? Das Ermöglichen dieser sogenannten Beteiligungsrechte und die adäquate und qualifizierte Begleitung dabei ist zum Beispiel eine frühe und wichtige Form der Demokratisierung.
Chancen und Grenzen
Ebenso müssen Erzieher*innen als Anwält*innen der ihnen anvertrauten Kinder auch immer Grenzen achten und wahren; nämlich immer da, wo diese geschützt werden müssen. Dabei ist es wichtig, sowohl das einzelne Kind, als auch die Gruppe als Ganzes zu sehen. So müssen beispielsweise Ruhezeiten eingehalten werden, gleichzeitig aber auch individuelle Grenzen respektiert – und für das Kind, welches zum Beispiel einfach nicht schlafen möchte, ruhige Spielangebote gemacht werden. Genauso ist es beispielsweise Aufgabe der Erziehenden, die Selbständigkeit der Kinder zu fördern – gleichzeitig können und dürfen Kinder natürlich nicht einfach alles tun, was sie wollen, müssen immer auch die Grenzen gegenüber den anderen wahren.
Luft nach oben bei der Bildung
Eine weitere große Aufgabe ist die Stärkung und Förderung von gesundheitlichen Aspekten. „Gerade auch in Zeiten von Corona haben wir gelernt, wie wichtig es ist, bestimmte gesundheitsfördernde Verhaltensweisen zu etablieren; genauso mussten wir aber auch erleben, wie viele Familien an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gekommen sind“, erklärt Birgit Laubrock. Sie macht deutlich: „Auch, wenn man im ersten Gedankengang bei der UN-Kinderrechtskonvention an andere, ärmere Länder dieser Welt denkt – sie sind auch hier in Deutschland sehr wichtig. Denn auch hier hat Bildung leider noch viel Luft nach oben. Noch bekommt längst nicht jedes Kind seine Rechte erfüllt. Daran müssen wir alle dringend arbeiten. Und extrem wichtig ist hierbei toll qualifiziertes Personal.“
Die neue einjährige Qualifizierungsmaßnahme für Quereinsteiger*innen in Kindergarten und Kitas findet seit diesem Sommer im KönzgenHaus statt. Nach erfolgreichem Abschluss können die Teilnehmer*innen als bisherige Ergänzungskräfte je nach pädagogischer Vorbildung und / oder Praxiserfahrung als Fachkräfte eingestellt werden oder Fachkraftstunden leisten – in Zeiten von Fachkräftemangel und zu wenig Fachpersonal eine absolute Notwendigkeit für viele Einrichtungen.
Foto: Birgit Laubrock