Über 90 Teilnehmende waren am 9.11.2022 zur Gemeinsamen Fachtagung „ 50 Jahre MAVO – 35 Jahre DiAG-MAV“ im Bistum Münster nach Haltern gekommen.
Das KönzgenHaus hatte gemeinsam mit der DiAG-MAV Mitarbeitervertretungen und Dienstgeber zum Rückblick und zum Ausblick eingeladen. Jasmin Danielzik, stellvertretende Vorsitzende der DiAG-MAV begrüßte alle Teilnehmenden und rief in ihrem Grußwort dazu auf, sich intensiv mit der neuen MAVO auseinanderzusetzen und die Forderungen der Basis zu formulieren.
Marc Riede, juristischer Referent der Geschäftsstelle der Dienstgeberseite der AK nahm aus seiner Sicht Stellung zur bisherigen Kritik der Gewerkschaften an der MAVO und widerlegte die vielfach beschworene These von der „schlechteren MAVO im Vergleich zum Betriebsverfassungsgesetz“.
Am Beispiel von Kündigungsbeteiligungen machte er klar, dass die MAVO hier ein Mitberatungsrecht hat, wobei im Gegensatz dazu der Betriebsrat lediglich eine Stellungnahme verfassen kann. Auch bei der Mitwirkung bei Einstellungen verdeutlichte er, dass der Betriebsrat erst bei Betrieben mit mehr als 20 Mitarbeitenden ein Mitwirkungsrecht hat, wo hingegen bei Kirche und Caritas in allen Einrichtungen jegliche Einstellungen nicht ohne Zustimmung der MAV vorgenommen werden dürfen. Sein Fazit: Die MAVO ist nicht generell schlechter oder generell besser als das Betriebsverfassungsrecht.“ Aus Sicht der Dienstgeber besteht Reformbedarf bei der Entbürokratisierung der MAVO, der Beschleunigung von Fristen für die Beteiligungsverfahren, bei der Interessenvertretung der leitenden Angestellten und bei der Abgrenzung der Freistellungen für Mitarbeitervertretungen. „Aus Sicht der Dienstgeber dürfen Fristenregelungen nicht zu überlangen Verfahren führen. Daher sind alle Fristen in den Blick zu nehmen und zu prüfen“, so Riede.
Renate Müller, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen (BAG-MAV) also oberste katholische Mitarbeitervertreterin in Deutschland, überreichte vor ihrem Vortrag der DiAG-MAV ein Segensbuch und eine Kerze und gratulierte im Namen der BAG-MAV. Die DiAG-Münster ist mit 35 Jahren einer der ältesten DiAG-MAVen in Deutschland. In ihrem Vortrag hob Müller nach einem kurzen historischen Rückblick vor allem auf die zukünftige Entwicklung ab. Die BAG-MAV hat für die nächste MAVO-Novelle bereits einen detaillierten Forderungskatalog entworfen, der gemeinsam mit dem Antrag auf Erarbeitung einer neuen MAVO den Bischöfen vorliegt. „Die Mitarbeitervertretungen brauchen mehr Durchsetzungsmöglichkeiten für ihre Anliegen“, so Müller.
Einigungsstellenbeschlüsse müssen rechtlich durchgesetzt werden können, so die Forderung der BAG-MAV. Digitale Arbeit der MAVen, die auch von Dienstgeberseite gefordert wird, benötigt vor allem eine gute Ausstattung der Gremien. „Ohne gute Ausstattung gibt es keine Digitalisierung“, so Müller. „Wir wollen mit der MAVO-Novelle nicht nur auf Augenhöhe, sondern auch auf der Höhe der Zeit sein und das heißt auch, dass wir eine Unternehmensmitbestimmung brauchen.“
In der anschließenden Gesprächsrunde mit allen Teilnehmenden, moderiert von Ruth Hochgürtel und Michael Ossege vom KönzgenHaus, wurden die unterschiedlichen Auffassungen nochmals diskutiert. Von den Dienstgebern wurde verlangt, dass die Überarbeitung der Fristen auch eine Einführung von Fristen für Dienstgeber in der MAVO zur Folge haben muss. Diese gibt es in der MAVO bisher nicht. So bleiben oft Anträge der MAV einfach liegen oder werden ausgesessen. Auch hier wurde Augenhöhe angemahnt. Die Freistellungsregelungen wurden von vielen Mitarbeitervertretungen als zu ungenügend angemahnt. Kleinere Einrichtungen mit weniger als 300 Mitarbeitenden haben gar keine Freistellungsregelungen. „Auch in kleinen Einrichtungen wird gute und aufwendige MAV-Arbeit geleistet, so eine Teilnehmerin, da kann es nicht sein, dass man um jede Minute der Freistellung kämpfen muss.“ „Die fallweise Freistellung ist ein ständiger Kampf, den wir oft verlieren, das kann so nicht sein“, führte sie fort.
Dr. Ralf Hammecke, Verwaltungsdirektor des Bistums Münster, hielt einen Rückblick auf die Zusammenarbeit zwischen Bistum und DiAG-MAV, die er im Bistum Münster als ausgesprochen gut bezeichnete. „Hier wird versucht, den Dritten Weg ernst zu nehmen und Beteiligung großgeschrieben“, so Hammecke. Das wird unter anderem deutlich in der Zusage des Bistums, den Ausbau der DiAG-Geschäftsstelle zu finanzieren. „Und auch dann, wenn es unterschiedliche Auffassungen gibt, geht es immer um die Sache“, so sein Fazit. Im zweiten Teil des Vortrages ging er auf die aktuellen Herausforderungen im Bereich der katholischen Kirche in Deutschland ein. In einem großen Überblick legte er die gesellschaftlichen Entwicklungen von der abnehmenden Kirchenzugehörigkeit bis zu der Frage, welche Einrichtungen eigentlich als „Kirche“ wahrgenommen werden, dar. Und auch mögliche Kooperationen von Bistümern sprach er an. „Muss eigentlich jedes Bistum und jede Kirche alles machen?“, fragte Hammecke und stellte ein Modell der Zusammenarbeit aus dem Erzbistum Freiburg vor, bei dem die Gehaltsabrechnung und die IT-Bereiche von verschiedenen Einrichtungen der katholischen und evangelischen Kirche erfolgreich zusammengeführt wurden.
Die Vertreter der DiAG-MAV waren jedenfalls zufrieden mit der Fachtagung zu den beiden Jubiläen. „Wir wollten ganz bewusst keine Jubelfeier, sondern eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Sachthemen. Und das ist heute gut gelungen“, so die stellvertretende Vorsitzende Jasmin Danielzik. „Und bei der anstehenden Novelle werden wir als DiAG in Gesprächen mit dem Bistum unsere Sichtweise einbringen. Ein erstes, gutes Gespräch zur MAVO-Novelle und den wichtigsten Punkten hat zwischen DiAG-MAV, dem Bistum und dem Diözesancaritasverband bereits stattgefunden. Und daran wollen wir anknüpfen.“
Text: Ulrich Richartz
Foto: Marc Riede, Arbeitgeberseite der Arbeitsrechtlichen Kommission und Renate Müller, Vorsitzende der BAG-MAV im Gespräch