Keine Verwässerung der Gesetzesinitiative zur Fleischindustrie

Offener Brief zum Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit

Offener Brief an die CDU-Bundestagsabgeordneten aus dem Münsterland, Niederrhein und Ruhrgebiet, NRW-Landesgruppe der CDU im Bundestag, CDU-Bezirksverbände Ruhr, Münsterland und Niederrhein

Ein Brief vom Haltener Forum für Demokratie, Respekt und Vielfalt, KAB Bezirksverband Recklinghausen, KönzgenHaus, KAB-Diözesanverband Münster Bildungswerk.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

am 29. Oktober sollte und wollte der Deutsche Bundestag in letzter Lesung den begrüßenswerten und überfälligen Entwurf der Bundesregierung für das Arbeitsschutzkontrollgesetz in der Fleischindustrie verabschieden, das ein Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit in der Fleischindustrie vorsieht. Dieses wichtige Vorhaben wurde von allen Unionsministerinnen und -ministern sowie der Bundeskanzlerin unterstützt und sollte über die deutsche Ratspräsidentschaft auch als Thema in der EU behandelt werden. Auf Druck von Teilen der CDU/CSU wurde die Abstimmung im Bundestag nun verschoben, wie wir mit Unverständnis und Empörung erfahren haben.

Die Gegner*innen des Gesetzentwurfs wollen unter anderem das geplante Verbot von Leiharbeit in der Fleischindustrie verhindern. Das ist deshalb für die Betroffenen nicht akzeptabel, weil nicht nur Subunternehmer, sondern ebenso auch Zeitarbeitsfirmen für schlechte Arbeitsbedingungen und Gesetzesüberschreitungen verantwortlich sind, z.B. zu lange Arbeitszeiten, Lohnbetrug, miserable Wohnverhältnisse und insbesondere Masseninfektionen.

Wir sind mit den Gewerkschaften und Kirchen und vielen weiteren gesellschaftlichen Organisationen und Akteuren der Meinung, dass Werkverträge und Leiharbeit in der Fleischbranche endlich abgeschafft werden müssen:

  • In einem Offenen Brief des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB und der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten NGG zusammen mit vielen weiteren Unterstützern an die Regierungsfraktionen von CDU und SPD im Deutschen Bundestag heißt es dazu: „ Kaum sind die skandalösen Arbeitsbedingungen und die Masseninfektionen in der Fleischindustrie etwas aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden, greift die Fleischindustrielobby wieder an: Was während der 1. Lesung noch Konsens aller Parteien erschien (außer der AFD), ist nun plötzlich umstritten.“
     
  • DGB-Chef Reiner Hoffmann und NGG-Chef Guido Zeitler haben Recht, wenn sie in einem Brief an die Abgeordneten der Regierungsfraktionen im Deutschen Bundestages schreiben: „Mitleid und Empörung allein helfen den Beschäftigten der Fleischindustrie nicht weiter, um Gefahr für Leib und Leben abzuwenden.“
     
  • In einer Pressemitteilung von Pfarrer Kossen aus dem Bistum Münster zu einer von ihm kürzlich durchgeführten Protestaktion vor der CDU-Zentrale in Berlin heisst es: „Ausbeutung und Abzocke der Arbeitsmigrant*innen war viel zu lange möglich, weil Zehntausende von ihnen „unter dem Radar“ von Aufsichtsbehörden und Kontrollen blieben. Mit krimineller Energie wurde und wird die Verantwortung für menschenwürdige Arbeits- und Lebensverhältnisse durch Sub-, Sub- Subketten und durch fragwürdige Vertragsverhältnisse atypischer, prekärer Beschäftigung unkenntlich gemacht..... Was der Gesetzgeber nicht erzwingt, wird die Fleischindustrie nicht verändern. Die Corona-Pandemie hat das Bewusstsein dafür geschärft, wie Frauen und Männer angemietet, mit schwerster Arbeit verschlissen und dann entsorgt werden – wie Maschinenschrott.“

Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat noch im Mai dieses Jahres parteiübergreifendes Versagen in Bezug auf die Abschaffung von Missständen in den Schlachtbetrieben festgestellt. „Heute ist es ausgerechnet Laumanns CDU, die das von Hubertus Heil vorgelegte Arbeitsschutzkontrollgesetz aufweichen will.....“ schreibt der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Groß in einem Facebook-Beitrag.

Wir schreiben Ihnen nicht zuletzt vor dem Eindruck einer Veranstaltung, die das Halterner Forum für Demokratie, Respekt und Vielfalt, der KAB-Bezirksverband Recklinghausen, der KAB-Diözesanverband Münster und das Könzgenhaus in Haltern am See durchgeführt haben: Auf dieser Veranstaltung konnten Pfarrer Peter Kossen und der NGG-Geschäftsführer für das Münsterland, Helge Adolphs, eindrücklich schildern, welche Zustände in der Fleischindustrie herrschen und das wir dringend ein nicht verwässertes Arbeitsschutzkontrollgesetz brauchen.

Deshalb unsere eindringliche Bitte und Forderung:

Setzen Sie sich bitte dafür ein, dass das vorgelegte Arbeitsschutzkontrollgesetz schnellstmöglich umgesetzt und die unhaltbaren Zustände in der Fleischindustrie für die Betroffenen beseitigt werden.

Folgen Sie Ihren eigenen Ansprüchen als christliche Partei, indem Sie – unabhängig von Lobby-Interessen – für menschenwürdige und gerechte Arbeitsbedingungen eintreten und dem vorgelegten Entwurf für das Arbeitskontrollgesetz ohne Abstriche zustimmen, damit es in vollem Umfang ohne weitere Verzögerungen in Kraft treten kann.

Bitte lassen Sie uns und die Öffentlichkeit in transparenter Weise wissen, wie Sie persönlich als Abgeordnete oder Abgeordneter in dieser Frage votieren. Denn das Thema wird im Bundestagswahljahr die Gemüter weiter bewegen und es könnte der verheerende Eindruck entstehen: Die CDU hält nicht Wort und beugt sich der Fleischindustrie und deren Lobby zum Nachteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Die Jahrzehnte dauernde unwürdige Situation in den Schlachthöfen würde weiter andauern, wenn sich die CDU/CSU-Fraktion nicht traut, eindeutige Konsequenzen zu ziehen. Wir fordern Sie deshalb auf, sich nachdrücklich gegen eine Verwässerung und Verzögerung des Gesetzentwurfes zu wehren!

Mit freundlichen Grüßen, für die Verfasser

Herbert Bludau-Hoffmann, Halterner Forum
Klaus-Dieter Amtmann, KAB-Bezirksvorsitzender

Rückantwort an: KAB-Regionalbüro Dülmen, Bahnhofstr. 36, 48249 Dülmen,
oder per E-Mail
Telefon: 02594-894200

Foto: Markus Spiske