Rund 120 aufmerksame Zuhörerinnen und Zuhörer ließen sich am Mittwochabend im KönzgenHaus vom weltweit gefragten Pionier der Klima- und Umweltbewegung, Prof. Dr. Ernst-Ulrich von Weizsäcker, zu einem deutlich entschlosseneren Handeln für den Klimaschutz inspirieren. „Denn die bisherige Nachhaltigkeits-Agenda enthält zahlreiche aggressive Wachstumsziele. Der Wohlstand darf aber nicht länger an das Wachstum gekoppelt werden“, so lautete die eindringliche Mahnung des 83-jährigen Naturwissenschaftlers und Bestseller-Autors sowie ehemaligen Bundestagsabgeordneten.
„Das Wirtschaftswachstum läuft parallel zur Klimaschädigung, deshalb ist eine neue Ökonomie das Wichtigste“, betonte er. Energie und Ressourcen seien fälschlich immer so billig wie möglich gerechnet worden. „Wir müssen deshalb in die Zukunft statt in die Vergangenheit investieren. Photovoltaik sei in den 40 Jahren um das Dreihundertfache billiger geworden und Methanol wäre der klimaneutrale Treibstoff“ zeigte er auf. Auf Kernenergie könne man rational nicht mehr setzen. Und durch den Kohleausstieg würden Länder wie Indien sogar reicher, sie wüssten es nur noch nicht.
Da nur Europa ernsthafte Klimapolitik betreibe, hatte Ernst-Ulrich von Weizsäcker als Verfechter einer Weltklimapolitik und „Erdpolitik“ gangbare Vorschläge für einen fairen Ausgleich zugunsten der ärmeren Länder über gleiche Emissionsrechte. Seit 1950 habe sich die Weltbevölkerung bis heute verdreifacht, „deshalb brauchen wir eine neue Aufklärung und Balance auf der vollen Erde“, so seine Mahnung. „Nur wer dem Klima und der Natur nützt, sollte künftig Gewinner sein. Verlierer sollten die Zerstörer sein“, so heißt es auch in seinem neuesten Buch, das er an dem Vortragsabend vorstellte und signierte. Die Halterner Buchhandlung Kortenkamp präsentierte im Foyer einige seiner zahlreichen Bücher.
Biologische Vielfalt ebenso überlebenswichtig
Prof. von Weizsäcker verdeutlichte noch einmal nach dem im Vorjahr „heißesten Sommer seit Jahrtausenden“ die Dimensionen des Klimawandels mit dem drohenden Anstieg des Meeresspiegels um 65 cm. „Die Wassererwärmung ist 10 mal so hoch wie die Lufterwärmung“ betonte er. Zu wenig beachtet werde die Biodiversität für einen florierenden Planeten: „Die biologische Vielfalt ist ebenso wichtig für das Überleben von Erde und Menschheit wir der Klimaschutz“. Da er auf das Engagement der jungen Generation setze, sei er aber optimistisch. Diese war aber im Saal kaum anwesend.
Sein Weckruf für den Arten- und Klimaschutz erreichte die meisten Anwesenden, wie die anschließende lebhafte Diskussion zeigte. Hierbei ging es auch um die Herausforderungen für den Einzelnen und die Bereitschaft, in seinem Lebensstil „eine neue Bescheidenheit als Qualitätsgewinn zu betrachten“, wie es ein Diskussionsteilnehmer empfahl. Die Veranstalter-Gemeinschaft aus 8 beteiligten Organisationen hatte mit dem fachkompetenten Referenten eine Persönlichkeit als Gesprächspartner gewinnen können, der es als Mitglied von UNO-Gremien und europäischen Wissenschafts- und Umweltinstituten vermochte, auch in Haltern vor Ort die Menschen zum Umdenken und entschlossenen Handeln zu bewegen.