Lieferkette gerissen?!

Die Pandemie und der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine haben deutliche Spuren hinterlassen und bedrohen die weltweiten Lieferketten.

Christoph Holbein-Munske moderiert die Veranstaltung
Christoph Holbein-Munske moderiert die Veranstaltung

Erleben wir gerade möglicherweise das Ende der Globalisierung?

Dieser Frage ist die AG „Würdige Arbeit“ am Montagabend nachgegangen – gemeinsam mit spannenden Speaker*innen bei einer hybriden Abendveranstaltung im KönzgenHaus.

Sind die globalen Lieferketten vielleicht bereits gerissen? Eher nein, lautet ein Fazit der Runde vom Montagabend. Zwar gibt es – wie aktuell erlebbar - immer wieder Rückschläge in der Globalisierung; momentan lässt sich aber eher von Stagnation denn von einem tatsächlichen Ende reden. „Nichtsdestotrotz zeigen die aktuellen Entwicklungen der vergangenen zwei Jahre, dass man kritische Rohstoffe oder beispielsweise medizinisch notwendige Produkte lieber im eigenen Land produzieren lässt - oder aber zumindest in solchen, mit denen man freundschaftliche Beziehungen pflegt“, resümiert Christoph Holbein-Munske vom KönzgenHaus die Diskussionen, der die Veranstaltung moderiert hat.

Aktuell, analytisch, anwendbar

Anknüpfend an die vorherige Diskussionsreihe „Würdige Arbeit“ fand auch dieser Abend als Kooperation von KönzgenHaus, Halterner Forum für Demokratie, Respekt und Vielfalt, des KAB Bezirksverbands Recklinghausen und des KAB-Bildungswerks sowie des DGB Emscher-Lippe statt. Zunächst wurde mit Speaker Christoph Scherrer, Professor für Globalisierung und Politik an der Universität Kassel und Autor des Buchs „Macht in weltweiten Lieferketten“, die Frage nach der Befindlichkeit der globalen Lieferketten diskutiert. Danach widmete sich die Runde mit Speakerin Eva-Maria Reinwald von Südwind der Frage, welche Rolle ein europäisches Lieferkettengesetz für eine gerechte Gestaltung der Globalisierung spielen kann.

„Gerade die Kombination der beiden Vortragenden des Abends war außerordentlich spannend!“, so Holbein-Munske. „Nach einer abstrakten Sicht auf die sich verändernden Handelsbeziehungen wurde im Anschluss an konkreten Beispielen deutlich, wie die Arbeitsbedingungen dahinter aussehen – und wie oft diese eben prekär sind. Dazu wurde viel diskutiert, die verschiedenen Teilnehmer*innen hatten kluge und tiefgehende Rückfragen und waren insgesamt sehr engagiert. Das hat mir sehr gut gefallen.“

Das europäische Lieferkettengesetz als wichtiges politisches Instrument

Wichtiges Fazit des Abends: Jetzt ist der Moment da, in dem alle Beteiligten für das europäische Lieferkettengesetz mobil machen müssen! Denn auch, wenn wir hierzulande gerade eigene Probleme haben, die gelöst werden wollen – wir brauchen unbedingt gerechte Arbeitsbedingungen weltweit, da waren sich alle Kooperationspartner*innen einig. 2023 tritt das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz in Kraft – allerdings mit einigen Lücken und Versäumnissen, so Holbein-Munske. Diese gilt es durch ein europäisches Lieferkettengesetz ohne Ausnahmen und Schlupflöcher auszubügeln. Schließlich bietet sich hier jetzt eine konkrete Chance, auf politisch wirksamem Wege bessere, menschenwürdige Arbeitsbedingungen zu erreichen und die Unternehmen in die Pflicht zu nehmen. Die Gelegenheit gilt es nun auch zu nutzen – und die sich verändernden Handelsbeziehungen und ihre Akteur*innen mit verschiedenen Interessen abei stets mit kritischem Blick zu hinterfragen.

Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz wurde im vergangenen Jahr verabschiedet und tritt frühestens 2023 in Kraft; das EU-Parlament und der Rat der EU befinden sich aktuell noch in Abstimmung über ein europäisches Lieferkettengesetz, das Unternehmen wirksam dazu verpflichtet, Menschen und Umwelt entlang ihrer gesamten Liefer- und Wertschöpfungskette zu schützen. Die Initiative Lieferkettengesetz ist ein Bündnis aus mehr als 130 zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich gemeinsam für ein wirksames EU-Lieferkettengesetz einsetzen.

Mehr Infos hierzu: lieferkettengesetz.de